Das Wort Mezalim (مظالم) entstammt ursprünglich aus dem arabischen Wort (ظلم -) zalama, was im Deutschen gleichbedeutend ist mit den Bezeichnungen Missetat und Ungerechtigkeit.
Mezalim beschreibt im wissenschaftlichen Diskurs massenhafte Gewaltverbrechen an der muslimischen Zivilbevölkerung, mit unterschiedlichen regionalen Ausprägungen. Unter der Bezeichnung massenhafter Gewaltverbrechen werden im weitesten Sinne Begriffe wie Völkermord, Zwangsumsiedlungen, ethnische Säuberungen, Assimilation, Massaker, Ghettoisierung, Ausgrenzung, Versklavung und politische Unterdrückung bzw. Verfolgung subsumiert. Mezalim ist im weitesten Sinne die gewaltsame Ausprägung des anti-muslimischen Rassismus. Wenn auch der zeitliche Rahmen nicht fest definiert ist, betrachtet die Forschung Ereignisse vom späten Mittelalter bis in das 21. Jahrhundert.
In der komparativen Genozidforschung haben koloniale Gewaltverbrechen im islamisch geprägten Raum kaum Beachtung gefunden. Etliche Verbrechen an Muslimen, die möglicherweise auch als Genozide einzustufen wären, sind bisher nicht ausreichend erforscht worden. Die mangelnde Wahrnehmung für die begangenen Gewaltverbrechen an Muslimen im kolonialen Zeitalter führt wiederum zu einem verkürzten Empathieverständnis für traumatisierte Gesellschaften. Politische Reaktionen in diesen Gesellschaften werden allzu schnell als „impulsiv“ „antiwestlich“ empfunden und als Ausdruck einer konträren, Werte geleiteten politischen Grundgesinnung interpretiert.
Die gewaltbelastete Erfahrungs- sowie Erinnerungskultur der islamischen Gesellschaften aus der kolonialen Ära bildet ein Schlüsselelement in der eigenen Nationalstaatswerdung und ist entscheidend für das Verständnis der dortigen gesellschaftlichen Denkmuster bzw. für kollektive Haltungen gegenüber dem Westen. In der letzten Zeit ist die wissenschaftliche Aufarbeitung von massenhaften Gewaltverbrechen, auch als Mezalim bezeichnet, immer mehr in den Vordergrund gerückt. In der Türkei und Aserbaidschan hat sich dieser Begriff als Fachterminus für erlittenes Leid und Unrecht fest etabliert.