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Zentralasien

Die Mezalim-Historie in Zentralasien ist eng verbunden mit der russischen Expansion in dieser Region. Die Annexion des Khanats von Kasan (tatarisch Kazan, deutsche Übers. “Kessel”) ging einher mit einem Vernichtungsfeldzug gegen die mehrheitlich muslimische Bevölkerung. Schätzungen zufolge sollen zwischen den Jahren 1530 und 1584 30.000 Kasaner Tataren ermordet worden sein. Ein ähnliches Schicksal ereilte die islamischen Baschkiren, die Anfang des 18. Jahrhunderts mindestens 40.000 zivile Tote zu beklagen hatten. In der Mezalim-Forschung werden die Ereignisse in Baschkortostan als Völkermord von Sejantus bezeichnet. Aufgrund der Größe der Region und dem sehr lang andauernden Widerstand gegen die russische Okkupation, kam es immer wieder zu Gewaltverbrechen an der islamischen Bevölkerung. Am 18. Januar 1881 richteten russische Verbände ein Blutbad unter den Muslimen Turkmenistans an. Zumeist Frauen und Kinder wurden an jenem Tag in der Festung Göktepe exekutiert. Im Zuge der Niederschlagung des turkmenischen Aufstands verloren insgesamt 40.000 Muslime ihr Leben.

Im Kontext rassistisch geleiteter Hegemonialpolitik führten sozio-ökonomische Benachteiligungen zur Ausgrenzung muslimischer Einheimischer und provozierten Massenaufstände, die wiederum in kollektiven Strafmaßnahmen gegen Zivilsten kulminierten. So führte 1916 eine diskriminierende Agrarreform zu einem Massenaufstand der Kirgisen gegen die zaristische Obrigkeit, die besonders fruchtbare Böden russischen Großgrundbesitzern zuschlug. Der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen und die muslimische Zivilbevölkerung schwer in Mitleidenschaft gezogen. Schätzungen gehen von 100.000 bis 270.000 Todesopfern aus. 180.000 Kirgisen flohen nach Ost-Turkestan in das heutige China. Im kollektiven Gedächtnis der Kirgisen hinterließen die Ereignisse des Jahres 1916 tiefe Spuren. Bis heute gedenken die Kirgisen diese Zäsur in ihrer Geschichte als Uluu Ürkün was im Deutschen soviel wie “die große Vertreibung” bedeutet. Die jüngsten Vorgänge in Ost-Turkestan (chinesisch Xinjiang) und die politische Verfolgung der muslimischen Uiguren ist in das Zentrum der Mezalim-Forschung gerückt.

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Kontakt
Bekir Karaer
Ressortleiter Zentralasien
b.karaer@mezalim.org